laden ...
die
WEISHEIT und/oder WAHNSINN
der
Massen
Spielzeit: ca. 30 Minuten • von Nicky Case • übersetzt von Thomas Kluth (Korrekturen von Peter Nerlich, Bernd Fiedler) • das englische Original
laden ... Los geht's!
Sir Isaac Newton war sich
ziemlich sicher, ein kluger Kopf zu sein.
Nachdem er die Infinitesimalrechnung und eine
Gravitationstheorie erfunden hatte, müsste er wohl schlau
genug sein, etwas Geld zu investieren, oder? Falsch gedacht,
er verlor 4.600.000 $ (in heutigen US-Dollars) in der landesweiten
Spekulationswelle, die als „South Sea Bubble“ von 1720 bekannt ist.

Wie Herr Newton später sagte: „Ich kann die Bewegung der
Himmelskörper berechnen, aber nicht den Wahnsinn der Menschen.“
tja, doof für ihn
Das ist natürlich nicht das erste Mal, dass
Märkte, Institutionen oder ganze Demokratien
verrückt spielten — der Wahnsinn der Massen. Aber
gerade dann, wenn du die Hoffnung in die Menschheit verlierst, siehst
du Bürger, die zusammenarbeiten, um sich gegenseitig in Naturkatastrophen
zu retten, Gemeinschaften, die Lösungen für Probleme schaffen,
Menschen, die für eine bessere Welt kämpfen — die Weisheit der Massen!
Aber warum entwickeln manche Gruppen Wahnsinn oder Weisheit?
Keine Theorie kann alles erklären, aber ich glaube, dass ein neues
Forschungsgebiet, die Netzwerkwissenschaft, uns weiterhelfen kann!
Der Kerngedanke ist folgender: Um Menschenmassen zu verstehen,
sollten wir nicht Individuen betrachten, sondern ... ... ihre Verbindungen.
Lass uns ein Netzwerk zeichnen! Jede Verbindung repräsentiert eine Freundschaft zwischen Menschen: ziehe, um zu verbinden     kratze,    um zu trennen Wenn du mit Kritzeln und Herumprobieren fertig bist, dann lass uns fortfahren
Soziale Verbindungen sind mehr als schöne Bildchen. Menschen nutzen ihre sozialen Verbindungen, um ihre Welt zu verstehen. So beobachten Leute ihre Altersgenossen, um beispielsweise herauszufinden, wie viel % ihrer Freunde (sich selbst nicht mitgezählt), Komasäufer sind. Zeichne/lösche Verbindungen und schaue, was passiert!
cool, verstanden Netzwerke können Menschen aber auch in die Irre führen. So wie die Erde flach aussieht, weil wir auf ihr stehen, können auch Menschen falsche Ideen über die Gesellschaft bekommen, weil sie in ihr drinstecken.
optionale Extra-Bonus Anmerkungen! ↑
↓ Links und Literatur

Zum Beispiel fand eine Studie aus dem Jahr 1991 heraus, dass „im Prinzip alle Studenten erzählen, dass ihre Freunde mehr als sie selber trinken“. Das scheint aber doch unmöglich! Wie kann das sein? Okay, Du bist dabei, die Antwort selber herauszufinden, indem Du ein Netzwerk zeichnest. Es ist Zeit ... alle in die Irre zu führen
Rätselzeit!
Führe alle in die Irre und zwar so, dass jeder denkt, dass die Mehrheit seiner/ihrer Freunde (50% Grenzwert) Komasäufer sind. (obwohl die Komasäufer nur ein Drittel der Gruppe stellen!)
Reingelegt: von 9 Leuten Glückwunsch! Du hast eine Gruppe von Studierenden so manipuliert, dass sie glauben eine unglaublich ungesunde soziale Norm sei weit verbreitet! Weiter so! ... ups. Danke? Du hast gerade eine „Mehrheits-Illusion“ kreiert. Diese Illusion erklärt auch, warum Menschen denken, dass ihre politischen Ansichten Konsens sind oder aber warum Extremismus sehr viel verbreiteter scheint als er tatsächlich ist. Wahnsinn. Aber Menschen beobachten nicht nur passiv die Ideen und das Verhalten anderer. Sie kopieren sie auch aktiv. Also, lass uns anschauen was Netzwerkwissenschaftler „Ansteckungen“ nennen!
Lass uns diesen „Grenzwert“ für eine Weile beiseite tun. Unten haben wir eine Person mit ein paar Informationen. Einigen Falschinformationen. „Fake News“, wie die coolen Leute sagen. Und jeden Tag verbreitet diese Person diese Gerüchte wie einen Virus weiter an Ihre Freunde. Und die Freunde verbreiten sie weiter an ihre Freunde. Und so weiter.
Simulation starten
(PS: Du kannst nicht zeichnen, während die Simulation läuft)
Hinweis: Trotz des negativen Namens können „Ansteckungen“ gut oder schlecht sein (oder neutral oder uneindeutig). Es gibt starke statistische Belege dafür, dass Rauchen, Gesundheit, Glück, Wahlverhalten und Kooperationswillen alle „ansteckend“ sind -- und sogar Belege dafür, dass Selbstmorde und Amokläufe „ansteckend“ sind. ok, das ist deprimierend
Ja, das ist es. Wie auch immer, RÄTSELZEIT!
Zeichne ein Netzwerk & starte die Simulation so, dass jeder mit der „Ansteckung“ infiziert wird.
(neue Regel: Du kannst keine dicken Verbindungen trennen)
fantastisch
Diese Verbreitung des Wahnsinns wird „Informationskaskade“ genannt. Isaac Newton ist 1720 Opfer einer solchen Kaskade geworden. Die Finanzinstitutionen der Welt sind 2008 Opfer einer solchen Kaskade geworden.

Aber: Diese Simulation ist falsch. Die meisten Ideen verbreiten sich nicht wie Viren. Um von den meisten Überzeugungen und Verhaltensweisen „infiziert“ zu werden, musst Du der Ansteckung mehr als einmal „ausgesetzt“ sein. Also haben sich Netzwerkwissenschaftler eine neue, bessere Art überlegt, mit der sie das Verbreiten von Ideen/Verhalten beschreiben können. Und sie nennen das ... komplexe Ansteckungen!“
Lass uns die „Grenzwerte“ und das Komasaufen-Beispiel wieder ins Spiel bringen! Beim ersten Mal haben die Leute ihr Verhalten nicht geändert.

Jetzt simulieren wir, was passiert, wenn die Leute anfangen zu trinken, wenn mehr als 50% ihrer Freunde das auch tun! Bevor Du die Simulation startest, denk darüber nach, was du denkst, was passieren sollte.

Ok, starte die Simulation und schau was wirklich passiert!
Anders als die „Fake News“-Anteckung verbreitet sich diese Ansteckung nicht auf alle. Die ersten paar Leute werden „infiziert“, obwohl sie nur einen Komasäufer als Freund haben. Das liegt daran, dass dieser eine Komasäufer 50% ihrer Freunde ausmacht. (ja, sie sind einsam) Im Gegensatz dazu wird die Person am Ende der Kette nicht „infiziert“, obwohl sie einen Komasäufer als Freund hat. Aber: Insgesamt sind weniger als 50% ihrer Freunde Komasäufer.
Die relativen % von „infizierten“ Freunden ist wichtig. Das ist der Unterschied zwischen der Theorie der komplexen Ansteckungen und unserer naiven es-verbreitet-sich-wie-ein-Virus Theorie der einfachen Ansteckungen. (man könnte sagen, dass „einfache Ansteckungen“ Ansteckungen mit einem „mehr als 0%“ Grenzwert sind)
Ansteckungen sind aber nicht notwendigerweise schlecht — also, genug über den Wahnsinn der Massen, was ist mit ... ... der Weisheit der Massen?
Hier haben wir einen Freiwilligen, der ... Ich weiß nicht, Leute aus Naturkatastrophen rettet, Nachhilfe für unterprivilegierte Kinder in deren Umgebung gibt oder irgendetwas ähnlich cooles. Der springende Punkt ist: Es ist eine „gute“ komplexe Ansteckung. Dieses Mal aber sagen wir, dass der Grenzwert nur 25% ist — Leute wollen freiwillig helfen, aber nur wenn 25% oder mehr ihrer Freunde das auch machen. Hey, Ehrenamt braucht ein bisschen soziale Unterstützung.

← „Infiziere“ alle mit den positiven Ideen!
Hinweis: Freiwilligenarbeit ist nur eine von vielen komplexen Ansteckungen! Ein paar andere: Wahlbeteiligung, Alltagsgewohnheiten, deine Übereugungen anzweifeln, sich Zeit nehmen, ein Thema komplett zu durchdringen — alles, dem man mehr als einmal „ausgesetzt“ werden muss. Komplexe Ansteckungen sind nicht notwendigerweise vernünftig, aber vernünftig zu sein ist eine komplexe Ansteckung.
(Ok, und was ist eine einfache Ansteckung aus dem echten Leben? Normalerweise unnütze Fakten, wie z.B. „das Opossum hat 13 Nippel“) Um nun wirklich die Macht und Verrücktheit von komplexen Ansteckungen zu zeigen, lass uns ... ... ein früheres Rätsel erneut anschauen
Erinnerst du dich? Dieses Mal wird es mit einer komplexen Ansteckung allerdings etwas schwieriger ...
Versuche jeden mit komplexer Vernunft „anzustecken“!
(Drück einfach „Start“ und probiere so viele Lösungen wie du möchtest) KABUMM-TSCHAK
-
Jetzt glaubst du vielleicht, dass man nur ein paar Verbindungen hinzufügen muss, um jede Ansteckung zu verbreiten, „komplex“ oder „einfach“, gut oder schlecht, vernünftig oder verrückt. Aber ist das wirklich so? Lass uns erneut ... ... ein früheres Rätsel anschauen.
Wenn Du unten auf „Start“ drückst, wird sich die komplexe Ansteckung einfach zu jedem verbreiten. Keinerlei Überraschung. Aber jetzt tun wir das Gegenteil von dem, was wir vorher getan haben: Zeichne ein Netzwerk, das das Verbreiten der Ansteckungen auf alle verhindert!
Alles klar? Mehr Verbindungen helfen immer der Verbreitung von einfachen Ideen, mehr Verbindungen können aber der Verbreitung von komplexen Ideen schaden! (jetzt zweifelst du am Internet, was?) Und das ist nicht nur ein theoretisches Problem. Es kann über Leben entscheiden ... ... oder Tod.
Die Leute bei der NASA waren kluge Küpfe. Immerhin haben sie Newtons Theorien benutzt, um uns zum Mond zu bringen. Wie auch immer, lange Rede, kurzer Sinn: 1986 trotz Warnungen von Ingenieuren haben sie die Challenger gestartet, die explodierte und 7 Menschen tötete. Die direkte Ursache: Es war zu kalt an diesem Morgen.
Die indirekte Ursache: Die Manager haben die Warnungen der Ingenieure ignoriert. Warum? Aufgrund von Gruppendenken . Wenn eine Gruppe zu eng gestrickt ist (wie es üblich ist auf institutioneller Leitungsebene), dann wird sie immun gegenüber komplexen Ideen, die ihren Glauben oder ihr Ego angreifen.
Ok, so können Institutionen dem Massenwahnsinn verfallen. Aber wie sieht ein „Design“ für Massenvernunft aus? In zwei kurzen Wörtern: Verknüpfen & Überbrücken
-->
← Zu wenige Verbindungen und eine Idee kann sich nicht verbreiten.
Zu viele Verbindungen und du bekommst Gruppendenken.
Zeichne eine Gruppe, die genau das Optimum hat: gerade verbunden genug, um eine komplexe Idee zu verbreiten!
Ok, das war einfach, oder? Die Anzahl von Verbindungen innerhalb einer Gruppe wird soziales Verknüpfungskapital genannt. Was aber ist mit Verbindungen ... ... zwischen Gruppen? Wie du vielleicht schon erraten hast, wird die Anzahl an Verbindungen zwischen Gruppen soziales Überbrückungskapital gennant. Das ist wichtig, weil es Gruppen dabei hilft aus ihren inselmäßigen Echokammern auszubrechen!
Baue eine Brücke, um alle mit komplexer Weisheit zu „infizieren“:
Genauso wie fürs Verknüpfen gibt es auch fürs Überbrücken ein Optimum. (Bonusaufgabe: Versuche eine Brücke zu zeichnen, die so dick ist, dass die komplexe Ansteckung nicht durchkommen kann!) Jetzt, da wir wissen, wie wir Verbindungen innerhalb und zwischen Gruppen „designen“ können, lass uns ... ... BEIDES auf einmal machen! LETZTES RÄTSEL!
Zeichne Verbindungen innerhalb Gruppen (Verknüpfungen) und zwischen Gruppen (Überbrückungen), um in der gesamten Masse Vernunft zu verbreiten:
Gratulation, Du hast gerade ein sehr spezielles Netzwerk gezeichnet! Netzwerke mit der richtigen Mischung aus Verknüpfungen und Überbrückungen sind ungemein wichtig und sie heißen ... „Kleine-Welt-Netzwerke“
„Einheit ohne Gleichmacherei“. „Vielfalt ohne Aufteilung“. „E Pluribus Unum: Aus vielen eines“.
Völlig egal, wie es genannt wird, Menschen in allen Zeiten und Kulturen sind oft zur selben Einsicht gelangt: eine gesunde Gesellschaft benötigt ein Optimum an Verknüpfungen innerhalb von Gruppen und Überbrückungen zwischen Gruppen. Also:
Nicht das hier ...
(weil Ideen sich nicht verbreiten können)
auch nicht das hier ...
(weil du dann Gruppendenken bekommst)
... sondern DAS HIER: Netzwerkwissenschaftler haben nun eine mathematische Definition für diese uralte Einsicht: das Kleine-Welt-Netzwerk. Diese optimale Mischung aus Verknüpfungen+Überbrückungen beschreibt, wie unsere Neuronen miteinander verbunden sind, Kollektive Kreativität und Problemlösen gefördert wird und hat sogar einmal US-Präsident John F. Kennedy (knapp) geholfen einen Atomkrieg zu verhindern! Also, ja, kleine Welten sind eine große Nummer. Ok, lass uns zusammenfassen ...
(Psst, ... möchtest Du ein Geheimnis hören?) Ansteckung: einfach komplex Die Farbe der Ansteckung: Wähle ein Werkzeug ... Netzwerk zeichnen Person hinzufügen "Infizierten" hinzufügen Person verschieben Person löschen ALLES LÖSCHEN (... oder Tastenkombinationen benutzen!) [1]: Person     hinzufügen [2]: "Infizierten" hinzufügen
[Leertaste]: Verschieben     [Backspace]: Löschen
ZUSAMMENGEFASST: Es geht um ...
Ansteckungen & Verbindungen
Ansteckungen: So wie Neuronen Signale im Gehirn verbreiten, so verbreiten Menschen ihren Glauben und Ihr Verhalten in einer Gesellschaft. Wir beeinflussen nicht nur unsere Freunde, sondern auch die Freunde unserer Freunde und sogar die Freunde unserer Freunde unserer Freunde! („Sei der Wandel, den Du in der Welt sehen willst” etc. etc.) Aber, wie bei Neuronen, sind es nicht nur die Signale, die wichtig sind, sondern auch ...
Verbindungen: Zu wenig Verbindungen und komplexe Ideen können sich nicht verbreiten. Zu viele Verbindungen und komplexe Ideen werden vom Gruppendenken zerstört. Der Trick ist es, Kleine-Welt-Netzwerke zu kreieren, also den optimalen Mix aus Verknüpfungen und Überbrückungen: e pluribus unum.
(Willst du eine eigene Simulation erstellen? Schau dir den Sandkasten-Modus an, indem Du unten auf den (★) Knopf klickst!)
Also, was ist nun mit unserer Frage ganz vom Anfang? Warum entwicklen Massen tatsächlich ...
... Vernunft und/oder Wahnsinn?
Von Newton über die NASA bis zur
Netzwerkwissenschaft, wir haben jede Menge geschafft
heute. Lange Rede, kurzer Sinn: Der Wahnsinn der Massen
passiert nicht notwendigerweise wegen Individuen, sondern
er liegt daran, wie wir in einem klebrigen Netz-werk gefangen sind.
Das bedeutet NICHT, persönliche Verantwortung abzuschaffen, weil
wir genauso auch das Netz selber weben. Also, verbessere deine Ansteckungen:
Sei skeptisch zu Ideen, die dich begeistern. Investiere Zeit, um komplexe Ideen zu verstehen.
Verbessere deine Verbindungen: Verknüpfe dich mit ähnlichen Leuten
aber baue auch Brücken über kulturelle/politische Gräben hinweg.
Wir können ein vernünftiges Netz weben. Klar, es ist schwieriger als
ein paar Linien auf dem Bildschirm zu kritzeln ... ... aber es ist lohnt sich so so sehr.
„Die größten Triumphe und Tragödien der Geschichte gehen nicht etwa auf Menschen zurück, die vollkommen gut oder vollkommen böse sind, sondern darauf, dass Menschen einfach Menschen sind.”
~ Neil Gaiman & Terry Pratchett
<3
erstellt von
NICKY CASE
spiele meinen anderen Krahams · folge mir auf Twitter

ganz viel Liebe und Dank an
MEINE UNTERSTÜTZER AUF PATREON
schau dir Namen & und Zeichnungen von Unterstützern an · zeige Spieltester
Hilf mir, mehr solcher Dinge zu machen! <3

♫ Musik: "Friends 2018" and "Friends 2068" von Komiku
</> Crowds ist komplett quelloffen (open source)

GEWONNEN Simulation starten zurücksetzen & nochmal zeichnen Übersetzungen von Fans: What the, no fan-made translations exist yet?! (füge deine eigene hinzu!)

Eine schnelle Antwort zu James Surowieckis Die Weisheit der Vielen

Zuallererst: Ich mache dieses dieses Buch nicht nieder. Es ist ein gutes Buch und Surowiecki wollte die gleiche Frage wie ich beantworten: „Warum entwicklen manche Massen Wahnsinn oder Weisheit?”

Surowieckis Antwort: Massen treffen gute Entscheidungen, wenn jeder so unabhängig wie möglich ist. Er erzählt die Geschichte eines Jahrmarkts, auf dem die Bürger das Gewicht eines Ochsen schätzen sollten Überraschenderweise war der Durchschnitt aller Schätzungen besser als einzelne Schätzungen alleine. Der springende Punkt: Die Leute mussten unabhängig voneinander schätzen. Ansonsten, würden sie von vorherigen falschen Schätzungen beeinflusst und die durchschnittliche Antwort wäre sehr verzerrt.

Aber ... Ich denke nicht, dass „alle so unabhängig wie möglich machen” die komplette Antwort ist. Selbst Genies, die wie fälschlicherweise als die unabhängigsten Denker charakterisieren, sind zutiefst beeinflusst voneinander. Wie Sir Isaac Newton sagte: „Wenn ich weiter gesehen habe, dann liegt es daran, dass ich auf den Schultern von Riesen stehe.”

Also, welche Idee ist richtig? Kommt Weisheit vom individuellen Denken oder vom Denken mit anderen? Die Antwort lautet: „ja”.

Das ist es, was ich versuche, in dieser erkundbaren Erklärung zu erklären: Wie man zum Optimum zwischen Unabhängigkeit und gegenseitigen Abhängigkeit kommt — mit anderen Worten, wie man eine vernünftige Masse erzeugt.

Welche anderen Verbindungen gibt es?

Aus Gründen der Einfachheit haben meine Simulationen angenommen, dass Menschen nur durch Freundschaft verbunden sein können und dass alle Freundschaften gleich sind. Aber Netzwerkwissenschafter behandeln andere Arten, wie man verbunden sein kann, z.B.:

Gerichtete Verbindungen. Alice ist der Chef von Bob, aber Bob ist nicht der Chef von Alice. Karoline ist die Mutter von Daria, aber Daria ist nicht die Mutter von Karoline. „Chef” & „Mutter” sind gerichtete (direktionale) Beziehungen: die Beziehung geht nur in eine Richtung. Im Gegensatz dazu ist „Freund” eine zweiseitig gerichtete (bidirektionale) Beziehung: Die Beziehung geht in beide Richtungen. (naja, hoffentlich)

Gewichtete Beziehungen. Elinor und Frank sind lediglich Bekannte. Georg und Harry sind beste-Freunde-für-immer. Obwohl es sich bei beiden Verbindungen um „Freundschaft” handelt ist die zweite stärker. Wir sagen, dass die beiden Verbindungen unterschiedliche „Gewichte” haben.

Merke dir einfach: Alle diese Simulationen sind falsch. Auf die gleiche Art und Weise, wie ein Stadtplan „falsch” ist. Siehst du den Stadplan links? Gebäude sind keine grauen merkmalslosen Klötze! Wörter schweben nicht über der Stadt! Stadtpläne sind nützlich nicht obwohl sie vereinfacht sind, sondern weil sie vereinfacht sind. Das Gleiche gilt für Simulationen oder jede wissenschaftliche Theorie. Natürlich sind sie „falsch” — und das ist es, was sie nützlich macht.

Welche anderen Typen von Ansteckungen gibt es?

Es gibt so so viele Arten, wie Netzwerkwissenschaftler „Ansteckungen” simulieren können! Aus pädagogischen Gründen habe ich die einfachste gewählt. Aber hier sind ein paar andere Möglichkeiten:

Ansteckungen mit Zufälligkeit. Einer Ansteckung „ausgesetzt” zu sein garantiert nicht, dass du infizierst wirst, es macht es nur wahrscheinlicher.

Menschen haben unterschiedliche Ansteckungsgrenzwerte. Meine Simulationen geben vor, dass jeder den gleichen Grenzwert für Komasaufen (50%) oder Freiwilligenarbeit (25%) oder Desinformation (0%) hat. Natürlich stimmt das im richtigen Leben nicht und du könntest das in deine Simulation einbauen.

Eine Ökologie der Infektionen. Was wäre, wenn es mehrfache Ansteckungen mit unterschiedlichen Grenzwerten gäbe? Zum Beispiel eine einfache „Wahnsinns”-Ansteckung und eine komplexe „Vernunfts”-Ansteckung. Wenn jemand mit Wahnsinn infiziert wurde, kann er immer noch mit Weisheit infiziert werden? Oder andersherum? Kann jemand mit beidem infiziert werden?

Ansteckungen, die sich verändern und entwickeln. Ideen werden nicht so perfekt von einer zur anderen Person gereicht, wie das ein Virus tut. Wie bei "Stille Post" wird die Nachricht mit jedem Erzählen etwas verändert — und manchmal ist die veränderte Nachricht infektiöser als das Original! Im Laufe der Zeit „entwickeln” Ideen sich also, um griffig, kopierbar und infektiös zu sein.

Ich will mehr lernen! Was kann ich noch lesen und/oder spielen?

Diese erkundbare Erklärung war nur ein Sprungbrett für deine Neugierde, damit du tiefer in einen gewaltigen Pool von Wissen eintauchen kannst. Hier gibt es mehr Dinge über Netzwerke oder soziale Systeme:

Buch: Connected!: Die Macht sozialer Netzwerke und warum Glück ansteckend ist von Nicholas Christakis und James Fowler (2009, dt. Ausgabe 2010). Eine leicht verständliche Tour darüber, wie Netzwerke unsere Leben beeinflussen — auf gute oder schlechte Weise. Hier ist eine Besprechung in der FAZ.

Interaktiv: Die Evolution des Vertrauens von Nicky Case (mir) (2017). Ein Spiel über die Spieltheorie, wie Kooperation aufgebaut ... oder zerstört wird.

Interaktiv: Die Parabel der Polygone von Vi Hart und Nicky Case (schon wieder ich) (2014). Eine Geschichte, wie harmlose Entscheidungen eine schädliche Welt erschaffen können.

Oder wenn du eine ganze Gallerie von interaktiven Lernkrams sehen willst, hier ist erkundbare Erklärungen, ein Zentrum, um durch Spielen zu lernen!

“nahezu alle [College] Studenten haben erzählt, dass ihre Freunde mehr als sie selber trinken.”

„Wahrnehmungsverzerrungen von Trinkgewohnheiten unter College-Studenten” von Baer et al. (1991)

“Die Mehrheitsillusion”

“Die Mehrheitsillusion in sozialen Netzwerken” von Lerman et al. (2016).
Zusammenhängend: Das Freundschaftsparadox.

„starke statistische Evidenz, dass Rauchen, Gesundheit, Glück, Wahlverhalten und Kooperationslevel alle infektiös sind”

Von Nicholas Christakis und James Fowlers wunderbar geschriebenem, für Laien zugänglichem Buch Connected!: Die Macht sozialer Netzwerke und warum Glück ansteckend ist (2009, dt. Ausgabe 2010).

„etwas Evidenz, dass Selbstmorde auch [infektiös] sind”

„Selbstmordansteckung und das Berichten über Selbstmorde: Empfehlungen eines nationalen Workshops” von O'Carroll et al. (1994), befürwortet von den US-amerikanischem Zentren für Krankheitskontrolle & -prävention (Centers for Disease Control & Prevention, CDC).

„etwas Evidenz, dass auch Amokläufe infektiös sind”

„Ansteckung von Massentötungen und Schulschießereien” von Towers et al. (2015).

Siehe auch die Nenn-sie-nicht-beim-Namen Kampagne, die darauf drängt, dass Medien NICHT die Namen, Manifeste und social media Beiträge von Massenmördern übertragen. Das verbreitet die Ansteckung. Stattdessen sollten sich Medien auf die Opfer, Ersthelfer, zivilen Helden und die trauernde, sich heilende Gemeinschaft fokussieren.

„Die Finanzinstitutionen der Welt sind 2008 Opfer einer Kaskade geworden.”

„Lemminge der Wall Street” von Cass Sunstein, ist schnell und nicht-technisch zu lesen. Im Oktober 2008 publiziert, mitten im Erwachen des Finanzcrashs.

„die Theorie der komplexen Ansteckungen.”

„Grenzwertmodelle kollektiven Verhaltens” von Granovetter (1978) war das erste Mal (soweit ich weiß), dass jemand ein Modell „komplexer Ansteckungen” beschrieben hat (obwohl er nicht diesen spezifischen Begriff benutzt hat)

“Evidenz für Modelle komplexer (sozialer) Ansteckungen aus Beobachtungsdaten” von Sprague & House (2017) zeigt, dass komplexe Ansteckungen tatsächlich existieren. (zumindest in den social media Daten, die sie sich angeschaut haben)

Schließlich schlägt „Universelles Verhalten in einem generalisierten Ansteckungsmodell” von Dodds & Watts (2004) ein Modell vor, dass alle Typen von Ansteckungen vereint: einfache und komplexe, biologische und soziale!

“Das Opposum hat 13 Nippel”

12 davon kreisförmig angeordnet, ein Nippel in der Mitte

„Gruppendenken”

Diese Orwell-inspirierte Phrase wurde von Irving L. Janis 1971 geprägt. In seinem Orignalartikel untersucht Janis Fälle von Gruppendenken, listet deren Gründe auf und — dankenswerterweise — mögliche Abhilfsmaßnahmen.

„soziales Verknüpfungs- und Überbückungskapital”

Diese beiden Typen von sozialem Kapital — „Verknüpfung” und „Überbrückung” — wurden 2000 von Robert Putnam in seinem erkenntnisreichem Buch Bowling Alone so genannt. Seine Entdeckung: alle empirischen Maße von sozialer Verbundenheit zusammengenommen: Amerikaner sind einsamer als jemals zuvor. Meine Güte.

„soziales Überbrückungskapital hat ein Optimum”

„Die Stärken von schwachen Beziehungen” von Granovetter (1973) hat gezeigt, dass Verbindungen zwischen Gruppen helfen, einfache Ansteckungen (z.B. Informationen) zu verbreiten, aber „Komplexe Ansteckungen und die Schwäche von langen Beziehungen” von Centola & Macy (2007) hat gezeigt, dass Verbindungen zwischen Gruppen nicht helfen, komplexe Ansteckungen zu verbreiten, sondern sogar tatsächlich ihre Verbreitung verhindern können.

„das Kleine-Welt-Netzwerk”

Die Idee einer „kleinen Welt” wurde populär durch Travers & Milgrams experiment von 1969, das gezeigt hat, dass, im Durchschnitt, jegliche zwei zufällige Menschen in den USA nur sechs Freundschaften voneinander entfernt sind — „sechs Grade der Trennung”!

Das Kleine-Welt-Netzwerk hat etwas mehr mathematisches Fleisch auf die Knochen bekommen durch „Kollektive Dynamiken von Kleine-Welt-Netzwerken” von Watts & Strogatz (1998), das einen Algorithmus für die Erstellung von Netzwerken vorschlug mit sowohl kurzen durchschnittlichen Pfadlängen (niedriger Grad an Trennung) als auch hohe Cluster-Bildung (Freunde haben viele gemeinsame Freunde) — also, ein Netzwerk das das Optimum trifft.

Du kannst auch die visuelle, interaktive Adaption des Artikels spielen (von Bret Victor, 2011).

„[Kleine-Welt-Netzwerke] beschreiben, wie unsere Neuronen verknüpft sind”

„Kleine-Welt-Netzwerke im Gehirn” von Bassett & Bullmore (2006).

„[Kleine-Welt-Netzwerke] ermöglichen kollektive Kreativität”

„Kollaboration und Kreativität: Das Kleine-Welt Problem” von Uzzi & Spiro (2005). Dieser Artikel analysiert das soziale Netzwerk der Broadway-Szene über längere Zeit und entdeckt, jupp, dass das Netzwerk am kreativsten ist, wenn es ein „kleines Welt” Netzwerk ist!

„[Kleine-Welt-Netzwerke] ermöglichen kollektives Problemlösen”

Siehe „Soziale Physik” von MIT Professor Alex "Sandy" Pentland (2014) für einen datengetrieben Ansatz zur kollektiven Intelligenz.

„[Kleine-Welt-Netzwerke] haben John F. Kennedy geholfen (so gerade eben) einen Atomkrieg zu verhindern!”

Neben der NASA Challenger Explosion ist das meist berüchtigte Beispiel von Gruppendenken das Fiasko der Schweinebucht. 1961 haben US-Präsident John F. Kennedy und sein Beraterteam — aus irgendeinem Grund — gedacht, es wäre eine gute Idee, heimlich in Kuba einzumarschieren und Fidel Castro zu stürzen. Sie sind gescheitert. Mehr noch, schlimmer als gescheitert: es kam zur Kubakrise 1962, näher war die Welt noch nicht an einem vollumfänglichen Atomkrieg dran.

Jupp, JFK hat das ganz schön verbockt.

Aber als harte Lektion durch das Fiasko von der Schweinebucht hat JFK sein Team neu organisiert, um Gruppendenken zu vermeiden. Neben vielen anderen Dingen hat er: 1) Leute aktiv aufgefordert, Kritik zu äußern, was den „Ansteckungsgrenzwert” für alternative Ideen heruntersetzte. Und 2) er hat sein Team in Untergruppen aufgeteilt, bevor wieder alle zusammen kamen. Dies gab der Gruppe ein „Kleine-Welt-Netzwerk” ähnliches Design! Insgesamt hat dieses Arrangement eine gesunde Vielfalt von Meinungen zugelassen, aber ohne zu sehr zu zersplittern — eine Weisheit von Massen.

Mit den gleichen Individuen, die die Schweinebucht entschieden haben, aber kollektiv neu zusammengesetzt wurden, um über die Kubakrise zu entscheiden ... hat das Team von JFK es geschafft zu einem friedlichen Übereinkommen mit dem sowjetischen Anführer Nikita Chruschtschow zu kommen. Die Sowjets würden ihre Raketen aus Kuba entfernen und im Gegenzug würden die USA versprechen nicht erneut in Kuba einzumarschieren. (und es wurde auch im Geheimen beschlossen, dass die USA Raketen aus der Türkei entfernt)

Und das ist die Geschichte, wie die gesamte Menschheit fast gestorben wäre. Aber ein Kleines-Welt-Netzwerk war die Rettung. Auf eine Art.

Du kannst mehr darüber im Harvard Business Review lesen, oder im Originalartikel über Gruppendenken.

„Wir beinflussen [...] die Freunde unserer Freunde unserer Freunde!”

Erneut aus dem wundervollen Buch Connected!: Die Macht sozialer Netzwerke und warum Glück ansteckend ist (2009, dt. Ausgabe 2010), von Nicholas Christakis and James Fowler.

„sei skeptisch gegenüber Ideen, die Dich begeistern”

ja, das schließt die Ideen in dieser erkundbaren Erklärung mit ein.

★ Sandkasten Modus ★

Die Tastaturkürzel (1, 2, Leertaste, backspace) funktionieren in allen Rätseln, nicht nur im Sandkasten Modus! Ernsthaft, du kannst zu einem anderen Kapitel zurückgehen und die Simulation dort editieren. Tatsächlich ist das die Art und Weise wie ich alle Rätsel erstellt habe. Viel Spaß!